Visual Agile: Wie Andrea mit Bildern Brücken baut

Wenn Datencharts und Strategiepräsentationen nicht mehr weiter helfen, schaltet Andrea den Beamer aus und greift zum Stift. Sie arbeitet mit IT-Background als agile Coach und Visualisierungstrainerin bei Volkswagen und hat bei bikablo das „Visual Agile“-Training mitentwickelt. Außerdem ist sie Achtsamkeitstrainerin. Ich habe sie gefragt: „Andrea, was wird möglich, wenn so unterschiedliche Kompetenzen zusammen kommen?“

von Michaela Ruhfus, bikablo Kernteam

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„Visual Agile passt hervorragend zur iterativen, kreativen und partizipativen Arbeitsweise des agilen Vorgehens. “

Liebe Andrea, du hast ganz unterschiedliche fachliche und persönliche Kompetenzen und bist dazu auch noch Visualisierungstrainerin. Wie ich dich kenne, machst du all das auch sehr gewissenhaft und leidenschaftlich. Was genau ist es, was du in unser bikablo Team einbringst? 

Ich bin einerseits als Lizenztrainerin für bikablo bei Volkswagen unterwegs, andererseits dort als Agiler Lotse beschäftigt und konzentriere mich dabei im Wesentlichen auf eine gelingende Zusammenarbeit innerhalb und zwischen Teams. 

Im bikablo Team bin ich daher jemand, der direkten Kontakt zu den Themen und Herausforderungen eines globalen Unternehmens hat. Und durch das agile Arbeitsumfeld kann ich Visualisierung an diese Stellen einbinden und Praxiserfahrungen sammeln. Diese bringe ich zurück ins bikablo-Team. Ich habe mit meinen KollegInnen bei bikablo das Format „Visual Agile“ an den Start gebracht: Visualisieren lernen und anwenden in einem agilen Arbeitskontext.

Was ist das, was der Stift für das agile Arbeiten liefern kann?

Ich bin immer wieder beeindruckt davon, wie hilfreich mein Wissen und meine Fähigkeiten als Visualisiererin für unser Unternehmen sein kann.

Visualisierung passt hervorragend zur iterativen, kreativen und partizipativen Arbeitsweise des agilen Vorgehens. Gleichzeitig unterstützt es wesentliche Prinzipien wie Fokus, Transparenz, Kommunikation, Feedback einholen und gemeinsam Lernen. Ich kann hier sprichwörtlich „mit dem Stift denken“: Eine spontane Idee skizziere ich modellhaft, um sie konkreter zu machen und mit anderen zu überprüfen.

Bilder sind ungemein unterstützend, wenn es um komplexe Fragestellungen geht. Sie ermöglichen Verständnis und effektives gemeinsames Arbeiten, indem sie den Sachverhalt grafisch strukturiert auf den Punkt bringen oder in einer allgemeinverständlichen Bildmetapher erlebbar machen.

Hast du dafür ein Beispiel aus deinem Arbeitsalltag?

Bei Volkswagen entwickelten wir einmal ein konzernweites IT-Planungssystem. Die Herausforderung war, dass wir die betroffenen Akteure gestaltend in den Entwicklungsprozess einbinden wollten, die dahinter liegenden Algorithmen und Verarbeitungsstrukturen aber hochkomplex und sehr abstrakt waren. Eine Produktmarke unseres Konzerns, die an das System angebunden werden sollte, brauchte erst mal ein Grundverständnis, um entscheiden zu können, welche Daten über welche Schnittstelle in das System eingespielt und wieder zurückgespielt werden. Aufgrund der Vielzahl an Systemen, den Fachbegriffen und der englischen Sprachbarriere suchten wir eine Möglichkeit, die Datenverarbeitung möglichst verständlich darzustellen. Unser Ziel war es, dass der Fachbereich der Produktmarke den Kontext versteht und daraus für sich die beste Entscheidung treffen konnte.

Das hört sich in der Tat herausfordernd an! Jeder Bereich in einem Unternehmen hat seine ganz eigene Sprache…

Genau! Es waren eine Systemanalytiker*in, IT-Entwickler*innen des Planungssystems, IT-Entwickler*innen angrenzender Systeme und der Fachbereich der englischsprachigen Produktmarke als Anwender*innen des Systems Teil dieses Prozesses. Da braucht es eine gemeinsame Sprache.

Also habe ich gedacht, vielleicht kann uns hier Visualisierung helfen. Wir haben uns für eine Straßenkarte als visuelles Modell entschieden. Damit machten wir auf Flipcharts die Schnittstellen deutlich. Häuser bildeten die jeweiligen Systeme ab, die durch Straßen miteinander verbunden waren. Die Fenster der Häuser visualisierten eine bestimmte Sicht auf die Daten. Und auf den Straßen fuhren verschiedene Fahrzeuge, die die Daten hin und her transportierten. Mit diesem Bild konnten wir Anbindungsmöglichkeiten und Optionen zeigen. Die Produktmarke konnte damit gezielte Fragen stellen und gemeinsam konnten wir die passende Option ermitteln.

Kollegen aus angrenzenden Systemen waren inspiriert und eingeladen, ebenfalls ihre Systemanbindung zu visualisieren und damit verständlich zu machen. So konnten wir gemeinsam das Große Ganze sehen.

Ich kann mir vorstellen, dass Menschen es sehr anregend finden, mit so einer Bildmetapher zu arbeiten. Das ist doch weniger dröge, als von Schnittstellen und Daten zu sprechen, oder?

Ja, total! Es war sofort zu spüren, dass die Beteiligten ganz anders dabei sind. Bilder bieten einen Fokus und binden die Aufmerksamkeit. Und der Stift lädt ein zum Mitgestalten. Es ist immer ein gutes Zeichen für den Prozess, wenn ich den Stift aus der Hand gebe und andere zu zeichnen beginnen.

Noch etwas zum Stichwort Flexibilität: An dem Tag gab es einen Stromausfall, so dass Rechner, Beamer usw. nicht genutzt werden konnten. Aber das war für uns kein Drama. Wir waren mit unseren gezeichneten Flipcharts für das Gespräch vorbereitet 🙂

Mit dieser Geschichte machst du uns neugierig. Wenn ich nun als agiler Coach, Scrum Master, Product Owner oder aus einer anderen agilen Rollen heraus mehr mit Bildern arbeiten möchte, wie kann ich das lernen?

Eine Möglichkeit ist unser „Visual Agile“-Training. Das ist ein basics-Visualisierungstraining, dass agile Prinzipien von der ersten Minute an mit einbezieht. Es ist inhouse oder offen buchbar. Du kannst uns also mit deinem Team ganz konkret an gemeinsamen Themen arbeiten. Auch das Visual Facilitator Curriculum bietet viel Input für agile Coaches. Hier sehe ich vor allem die Modul „Visual Meeting Facilitation“ und „Visual Process Mapping“.

An wen richtet sich „Visual Agile“?

Das Training ist vor allem für Menschen aus dem agilen Kontext. Anfänger/innen lernen das ABC des Visualisierens, und Fortgeschrittene profitieren davon, dass sie die Lerninhalte direkt auf ihren Arbeitskontext beziehen können und Anregungen erhalten, wie sie alles einsetzen können.

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