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Wie gelingt Graphic Recording?

Die Graphic Recorder von bikablo bildwerk erleben es täglich: Jeder Job läuft anders – und meistens nicht wie geplant. Ein gutes Beispiel ist Birgit Jansens Recording vom „Mobilitätstag 2019“ des Bundesamts für Berufsbildung. Wir haben sie gefragt: Was braucht es, damit das Bildergebnis gelingt und der Prozess auch noch Spaß macht?

von Susann Figueredo Hechavarria

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„Mit klarem Fokus unterschiedliche Perspektiven abbilden.“

Liebe Birgit, Erzähl uns doch bitte kurz, was für eine Veranstaltung das war und welche Inhalte behandelt wurden.

Um mit dem Veranstalter zu sprechen: „Der Mobilitätstag 2019 zeigte die internationalen Möglichkeiten in der Berufsbildung des Chemiesektors auf, machte aber auch das Engagement von Betrieben und Schulen im Programm Erasmus+ deutlich.“ Es ging also um Auslandserfahrung in der Berufsbildung. Teilnehmende waren Azubis, Berufsschullehrer und Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Politik und Bildung.

Dafür ist dir ein ganz besonders tolles Graphic Recording gelungen: Lebendig, gehaltvoll, detailreich und trotzdem klar strukturiert und übersichtlich.

Danke für die Blumen! Tatsächlich soll bei unseren Recordings der Betrachter schnell die großen Zusammenhänge und die Struktur des Inhalts erfassen, durch die einzelnen illustrierten Momente auch emotional ins Boot geholt werden und natürlich auch Daten und Fakten wiederfinden. Dass das hier gelungen ist, liegt vor allem an einer guten Vorbereitung und einer reibungslosen Zusammenarbeit mit dem Kunden.

Wichtig ist mir dabei, mit einem klaren Fokus zu arbeiten. Bei diesem Projekt hieß das, die unterschiedlichen Perspektiven abzubilden: Unternehmer hoben den Mehrwert eines durch den Auslandsaufenthalt persönlich und fachlich gereiften Mitarbeitenden hervor. Der parlamentarische Staatssekretär betonte die Chance, die der Blick über den kulturellen Tellerrand in Zeiten nationalistischer Kälte mit sich bringt. Die Auszubildenden hingegen berichteten ganz konkret von alltäglichen Herausforderungen im Ausland, durch deren eigenständige Bewältigung sie als Persönlichkeiten gewachsen sind.

Das Thema scheint ja sehr anspruchsvoll zu sein. Was war dir in der Auftragsklärung wichtig, um gut vorbereitet in die Veranstaltung zu gehen?

Vor allem konnte ich auf die großartige Basis aufbauen, die meine Kollegin Andrea Biesler als bildwerk-Projektmanagerin gelegt hat: Sie konzipierte gemeinsam mit dem Kunden ein stimmiges Vorgehen für die geplante Veranstaltung – zum Beispiel mit Leitfragen, um die Ziele der Veranstaltung besser zu verstehen und eine maßgeschneiderte visuelle Begleitung anbieten zu können. Jedes Projekt ist anders: Mal ist ein analoges Graphic Recording im Großformat das Mittel der Wahl, mal mehrere Einzelbilder im Kleinformat, mal eine digitale Aufzeichnung auf dem iPad, mal eine Begleitung durch einen visualisierenden Co-Moderator. Nur über eine gezielte, gemeinsame Erforschung der Absicht des Kunden können wir die richtige visuelle Intervention anbieten. In diesem Fall: ein großes Recording, das analog zum Dialogprozess entsteht und dessen Genese für alle Anwesenden sichtbar ist.

Auf Grundlage dieser Vorarbeit kann ich dann inhaltlich arbeiten. In meinem ausführlichen telefonischen Briefing mit den Kunden stellte sich heraus, dass – angesichts der vorher genannten Perspektiven – die persönlichen, erzählerischen Momente der Auslands-Azubis das Kernstück des Tages sein sollten. Denn es war erklärtes Ziel der Veranstalter, durch authentische Erfahrungsberichte der Weltenbummler die Azubis ohne Auslandserfahrung zum Nachahmen zu inspirieren. Eingerahmt wurden sie dann durch Statements aus Wirtschaft und Politik. Die Absicht dahinter war, den Azubis zu vermitteln, dass sich ein Auslandsaufenthalt auch in Hinblick auf eine Berufskarriere und auch gesellschaftspolitisch lohnt.

Eine thematisch stimmige Bildanalogie ist für mich eine Königsdisziplin beim Graphic Recording. In der Auftragsklärung hatte sich als erzählerisch-gestalterischer Roter Faden das Thema „Reisen“ herauskristallisiert: in meiner Vorstellung formten sich die Erfahrungsberichte eingebettet in den visuellen Rahmen eines Tagebuchs mit aufgeschlagenen Seiten und die Vorträge als drumherum drapierte Postkarten.

Was waren auf der Veranstaltung selbst die Voraussetzungen dafür, dass dieses Ergebnis möglich war?

Je nach Veranstaltungsbeginn und Anreisebedingungen hat sich eine Vorabendanreise und ein entspannter Start in den Veranstaltungstag bewährt. So konnte ich am Morgen noch letzte offene Fragen, z. B. zum genauen Wording, klären. Wichtig ist mir auch immer ein Ansprechpartner vor Ort, der mir im Prozess für Fachbegriffe oder Hintergrundinformationen zur Seite steht, und den ich immer wieder zu einem kurzen „Schulterblick“ einladen kann.

 

Wie kommst du auf deine cleveren Bildideen, die die inhaltlichen Aussagen illustrieren? Entstehen sie „ad hoc“ während des Prozesses oder ist das Teil deiner Vorbereitung?​

So wie ich voller Ehrfurcht über die Leistungen von Simualtanübersetzern staune, so wundern sich die Teilnehmer oft darüber, woher ich in der Live-Situation meine Bildideen hernehme. Mir hilft, dass ich als Illustratorin, Grafikdesignerin und Graphic Recorderin eine große Bibliothek möglicher Bildergeschichten und Metaphern im Kopf habe. Oft beziehe ich auch spontan die Ideen der Anwesenden mit ein oder mache eine kleine Bildrecherche übers Smartphone zu bestimmten abstrakten Begriffen.

Aber auch hier ist die inhaltliche Vorbereitung wichtig. Für die Bochumer Bürgerkonferenz 2019 zum Thema Verkehr habe ich zum Beispiel alle mir in den Sinn kommenden Verkehrsmittel – vom Tandem über das Pedelec bis hin zur U-Bahn – vorher einmal mit dem Stift durchexerziert, um nicht im Zeichenprozess ins Stolpern zu geraten.

Und nicht zuletzt: Je lebendiger und strukturierter die Menschen auf einer Konferenz ihre Inhalte vortragen, desto besser gelingt auch der Transfer auf die Visualisierung. Visuelle Formulierungen und Begriffsanker liefern mir wunderbare Steilvorlagen für Bildideen, die die Teilnehmenden dann auch besonders gut wieder erkennen und erinnern können.

Bleibt natürlich die Frage, wie das fertige Recording dann möglichst bedeutungsvoll im weiteren Prozess eingesetzt werden kann. Doch das sparen wir uns für den nächsten Blogbeitrag auf. Vielen Dank für das Gespräch!​

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