Sketchnoting im Dialog Teil 2: Business-Gedankenskizzen in drei Schritten
- 28/03/2018
Im Businessalltag ist das Verstehen abstrakter Wissensinhalte eine gefragte Fähigkeit. Denn wer weiß, wie man komplizierte Sachverhalte zeichnerisch visualisiert, verfügt über eine entscheidende Schlüsselkompetenz, kann Geschäftsprozesse sichtbar machen und Lösungen für komplexe Fragestellungen erarbeiten. Diese drei Schritte helfen dir dabei!
von Martin Haussmann
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Der „Hä?“-Satz
In den Trainings der bikablo akademie möchten unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer meist lernen, schnell und treffend komplizierte und abstrakte Inhalte zu visualisieren. Den Einstieg dazu ermöglichen wir auch in kurzen Impulstrainings – zum Beispiel auf großen Konferenzen. Nachdem ich dem Publikum ein paar elementare visuelle Vokabeln vermittelt habe, machen wir uns an die Aufgabe, ein komplexes Thema visuell darzustellen. Gerne verwende ich dafür auf einen richtigen „Hä?-Satz“ wie diesen:
„In EMEA bezahlt der Kunde den Vertriebspartner, der dem Unternehmen eine umsatzabhängige Provision auszahlt. In US schreibt das Unternehmen dem Kunden direkt eine Rechnung und zahlt dem Vertriebspartner ein fixes Honorar pro verkaufter Ware.“
Hä? Wie bitte?
Tatsächlich schwirren solche Sätze täglich in Überschallgeschwindigkeit durch Konferenzräume und Powerpoint-Präsentationen. Niemand prüft, ob sie beim Zuhörer wirklich ankommen und ein gemeinsames Verständnis entsteht.
Wie könnten wir diese Aussage schnell als Gedankenskizze visualisieren? Natürlich ist das etwas Anderes, als ein schönes Präsentations-Flipchart zu gestalten. Gedankenskizzen sind eher eine visuelle Rückfrage, um das Verständnis zu überprüfen und gemeinsam weiter zu denken:
- Habe ich dich richtig verstanden?
- Kann man das so darstellen?
- Was müsste ich ändern, damit es deinen Inhalt trifft?
- Was fällt uns als Lösungsoptionen ein, wenn wir gemeinsam auf diese Skizze schauen?
Schauen wir uns also unseren komplizierten „Hä-Satz“ etwas genauer an.
Zugegeben – bei komplexen Inhalten steht man als Visualisierer oft selbst wie das Kaninchen vor der Schlange. „EMEA – US – Kunde – Vertriebspartner?“ Auch ich habe zunächst nicht wirklich verstanden, worum es hier geht. Ich zeichne deshalb Schritt für Schritt, was ich verstanden habe. Jeder Schritt ist dabei eine Rückfrage an den Gesprächspartner – ist das richtig so?
Erster Schritt: die Grundstruktur des Inhalts erkennen
Ich fange mit dem an, was ich verstanden habe. Das ist zunächst nicht viel: EMEA (was auch immer das ist) und US scheinen zwei verschiedene „Systeme“ zu sein. Diese sollen einander gegenübergestellt werden. Ich teile also mein Blatt in zwei Teile und benenne beide schriftlich:
Dann hole ich mir vom Fallgeber eine Rückmeldung. Habe ich das schon mal richtig verstanden? Wenn nicht – neues Blatt, neue Skizze.
Zweiter Schritt: die Mitspielerinnen und Kernelemente finden
In diesen beiden Systemen scheint es jeweils drei gleiche „Mitspielerinnen“ zu geben: den Vertriebspartner, das Unternehmen und die Kundin. Ich wähle dafür spontan die einfachste Darstellung, die mir einfällt. Wieder lautet die Rückfrage: Richtig so? Fehlt etwas?
Dritter Schritt: die Beziehungen untereinander darstellen
Diese drei Mitspielerinnen scheinen jeweils in einer bestimmten geschäftlichen Beziehung zueinander zu stehen, und das scheint der Knackpunkt zu sein. Im System „EMEA“ gibt der Kunde Geld an den Vertriebspartner …
… und dieser gibt einen Teil davon dem Unternehmen – die Provision.
Anders in „US“: dort schreibt das Unternehmen der Kundin eine Rechnung. Jetzt ist es ratsam, umzudenken, um in der Visualisierungslogik von „EMEA“ zu bleiben: Das mit der Rechnung bedeutet im Umkehrschluss, dass die Kundin das Geld an das Unternehmen zahlt und dieses wiederum einen Teil davon an seinen Vertriebspartner abgibt – das Honorar.
Aber: „eine umsatzabhängige Provision auszahlen“ oder „fixes Honorar pro verkaufter Ware“ – wie soll man das visualisieren? Ein Tipp: Visualisieren bedeutet „Bilder plus Grafik plus Text!“ Wenn dir also nicht sofort ein eindeutiges Bild einfällt, schreib es einfach dazu:
Klärende Rückfragen an deinen Gesprächspartner – und weiterzeichnen!
Wieder ist es an der Zeit, den Gesprächspartner zu fragen: „Habe ich das so richtig verstanden?“ Vielleicht sagt er dann: „Ja, genau, und außerdem ist Folgendes wichtig …“ – und ergänzt die Skizze selbst. Oder er sagt: „Jetzt wird mir gerade klar, dass ich hier einen Denkfehler gemacht habe – ich versuche, es mal selbst zu zeichnen.“
Du siehst: Auch wenn du komplizierte Geschäftsprozesse visualisierst, hilft dir das Zeichnen dabei, spezifische Inhalte für dich und andere zu erschließen. Dabei überprüfst du – wie in diesem Beispiel – anhand der Visualisierung, ob es ein gemeinsames Verständnis von einer Situation gibt, und entwickelst auf dieser Grundlage gemeinsam Ideen oder Konzepte weiter. Und vielleicht ergibt sich auf diese Weise schnell die Klärung eines Missverständnisses, einer Meinungsverschiedenheit – oder die Frage, um die es wirklich geht!
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